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Nazis und der TSV

Nach der allgemeinen Bestürzung über den Doppelabstieg im Jahr 2017 und erst recht in der Euphorie der vergangenen Saison ist das Thema „Neonazis bei 1860“ in der Öffentlichkeit weitgehend unbeachtet geblieben. Wer die vergangene Saison, die Stimmung im Sechzger, miterlebt hat, für den ist dies ein Stück weit verständlich.

Dennoch begrüßen wir es sehr, dass die Thematik seit dem letzten Heimspiel wieder öffentlich diskutiert wird. Denn neonazistische Anhänger der Partei „III. Weg“, der NPD, der Hammerskins oder anderer einschlägiger Organisationen waren nicht nur in der Arena in Block 132 präsent – sie sind es auch heute in Westkurve und Stehhalle.

Der jüngste Vorfall um Ronny W. – aufmerksame Fans hatten den Ordnungsdienst auf dessen rechtsradikales Tattoo (ein Schriftzug mit dem Namen des Blood and Honour-Gründers Ian Stuart) hingewiesen, woraufhin er aus dem Stadion gebracht wurde – ist nur ein Beispiel unter vielen. Dass die Gesinnung von Ronny W. von DB24 relativiert wird, ist für uns unverständlich, da doch seine öffentlich einsehbare Facebook-Seite mehr als eindeutig ist.

Wir freuen uns über die Ankündigung des TSV 1860-Geschäftsführers Michael Scharold „alle zur Verfügung stehenden Maßnahmen zu ergreifen“. Außerdem verweisen wir auf die Broschüre „Kein Spielraum für Rechtsradikalismus“, die der TSV 1860 auf seiner Website zum Download zur Verfügung stellt, und hoffen, dass die Presseerklärung erst der Anfang ist. Wir bedanken uns ausdrücklich bei den engagierten Fans, die sich gegen rechtsradikale und zum Teil auch verfassungsfeindliche Symbole im Stadion zur Wehr setzen. Gerne mehr davon.

„!Nie wieder – 10. Erinnerungstag des Fußballs“ und die Löwenfans gegen Rechts als Gründungsmitglieder dabei…

Am Wochenende fand im Haus des Landessportbund Hessen e.V. die Versammlung „Nie wieder!“ zum Erinnerungstag im deutschen Fußball statt. Hierzu ein interessanter Beitrag von DFB-TV.

Programm – ! Nie wieder – Versammlung 10.-12. Januar 2014
10-Jahre-NIE-WIEDER
Auch wir von Löwenfans gegen Rechts waren Teilnehmer der Versammlung. Warum?

Der 60. Gedenktag
Am 27. Januar 1945 rückten Truppen der UdSSR in Auschwitz ein und betraten das Gelände des KZ. Was sie dort sahen, war schlimmer als alles, was sie bisher für Propaganda gehalten hatten. Der 27. Januar gilt seither als Tag der Befreiung der Gefangenen von Auschwitz und wird als Gedenktag der Opfer des millionenfachen, industriell durchgeführten Massenmordes der »Herrenmenschen«-Diktatur, als Shoah°-Gedenktag begangen.

Am 27. Januar 2004 fanden in mehreren Fußballstadien in Italien Benefizspiele statt unter dem Motto »27. Januar: Tag des Erinnerns, um nicht zu vergessen« (vgl. Süddeutsche Zeitung, 23.1.2004, Birgit Schönau interviewt Riccardo Pacifici).

Der 27. Januar 2005 war der 60. Jahrestag. Die DFL hat die Vereine aufgefordert, in den Stadien auf diesen Tag hinzuweisen und insbesondere der Fußballspieler und anderer Sportler unter den Opfern zu gedenken. Da die Zahl »60« für uns etwas Besonderes darstellt, und wegen der wenig rühmlichen Vergangenheit unseres Clubs, freuen wir uns auch ganz besonders, dass der TSV sich an der Aktion beteiligt hat.

27. Januar 2005 – Vorgeschichte
Mit Interesse lasen wir den Bericht der SZ über die Aktion in Italien. Wir fragten uns, warum ausgerechnet in einem Land, das für große Probleme mit rechtsradikalen Fans bekannt ist, so eine Aktion stattfindet und weite Unterstützung findet, bei uns jedoch, in dem Land, dessen Regierung damals den Massenmord in den KZs befohlen hat, nicht. Nachdem wir als Löwenfans mit aussichtslosen Aktionen vertraut sind, schrieben wir kurzerhand die Italien-Korrespondentin der SZ an und erhielten prompt Antwort: In gleicher Sache hätten Leute vom Kuratorium der evangelischen Versöhnungskirche auf dem Gelände der KZ-Gedenkstätte Dachau angefragt. Sie schlug vor, dass wir uns am besten mit dem Kuratorium kurzschließen. Bald darauf fanden erste Treffen statt. Es gab keine Vorbehalte, keine Fragen nach Glauben oder Kirchenzugehörigkeit, was wir so nicht unbedingt erwartet hatten. Vermutlich hat uns die Gemeinsamkeit im Umgang mit eigentlich aussichtslosen Aktionen von Anfang an verbunden – Eberhard Schulz, Religionspädagoge, meinte, er hätte mit seinen Schülern gewettet, dass er es schafft, dass in allen Stadien der 1. und 2. Bundesliga auf den 60.Gedenktag hingewiesen wird, und dass alle Vereine dazu einen Artikel in ihrem Stadionheft abdrucken. Seine Zuversicht begründete er damit, dass gute Sachen eben immer funktionieren. Also bereiteten wir gemeinsam Ansprache und Artikel vor, und Eberhard Schulz setzte sich mit Sportbund, DFB und DFL in Verbindung – aus dieser Aktion entstammt übrigens auch der 2005 erstmals verliehene »Julius-Hirsch-Preis«.

DFL
Nach langen Verhandlungen hat am 17. Januar 2005 die DFL an die Vereine der 1. und 2. Bundesliga den Wunsch und die Aufforderung verlauten lassen, am Spieltag um den 27. Januar 2005 auf den Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus, den 60. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz durch Soldaten der Roten Armee, hinzuweisen. Beigefügt waren unsere Texte für die Stadiondurchsagen und für die Stadionhefte. Die Vereine machten mit – trotz der Kürze der Vorbereitungszeit – und verlasen folgende Botschaft:

Gedenken, um nicht zu vergessen
Der 27. Januar ist der Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus.
Am 27. Januar 1945 wurde das Konzentrationslager Auschwitz befreit, vor genau 60 Jahren. Wir, die Vereine der Bundesliga und die Fans, gedenken heute der Opfer.
Wir gedenken derer, die aus Gründen ihres Glaubens, ihrer Herkunft und ihrer Überzeugung aus den Vereinen ausgeschlossen wurden – viele von ihnen starben später in den Konzentrationslagern. Wir nehmen diesen Gedenktag zum Anlass, auf die Verantwortung des Sports für die Völkerverständigung und für die Integration unserer ausländischen Mitbürger hinzuweisen.
Wir sagen deutlich »Nein« zu Ausgrenzung, Hass und Gewalt – im Stadion und außerhalb.

Seit 2005 findet der Erinnerungstag im Fußball hier in Deutschland statt!

In Frankfurt haben wir nun das 10-Jährige gefeiert, durften Riccardo Pacifici kennenlernen, waren Teil der Festveranstaltungen und hatten – wie es sich für echte Löwen gehört – auch eine Menge Spaß am Feiern! Herzlichen Dank auch nochmals an dieser Stelle dem Organisationskommitee und dem Hessischen Landessportbund sowie allen Partnern und Unterstützern.

(Text unter Einbeziehung unserer alten Webseite – (c) J.K. + Ulla)

„Kein Platz für Rechtsradikalismus bei den Löwen“

„Kein Platz für Rechtsradikalismus bei den Löwen“
Im Rahmen der „Internationalen Wochen gegen Rassismus“ fand eine Gesprächs- und Diskussionsrunde im Anschluss an das Spiel im Paulaner-Fantreff statt.

Auf dem Podium sprachen Lothar Langer vom Fanprojekt München, Fanbetreuer Axel Dubelowski, Aufsichtsratsvorsitzender Otto Steiner, Ulla Hoppen von den Löwenfans gegen Rechts, Felix Benneckenstein – Gründer der Aussteigerhilfe Bayern – und KGaA-Geschäftsführer Robert Schäfer. Moderiert wurde die Gesprächsrunde von Ralph Drechsel.

Neulich in Duisburg…

Die Münchner Löwen feiern also einen Sieg in Duisburg, sehr schön. Eher unschön dagegen, was im Auswärtsblock zu vernehmen war. Beim Blick auf den Kader und den Spielverlauf dürfte auch eher unschwer zu erraten sein, an wem sich manch Dumpfbacke unter den Löwen-Anhängern mal wieder versucht hat abzureagieren. Und so waren „Nigger raus“, „Scheiß Kanacke“ und, als die 3 Punkte sicher waren, auch ein augenzwinkerndes „Sieg…pscht“ zu vernehmen. Die komplette Huldigung traut man sich da scheints doch (noch?) nicht. Zeit aber, wieder einmal genauer hinzuschauen wer sich denn da unter den Löwenfans tummelt, wohl fühlt und vehement als „echter Löwenfan“ verteidigt wird.

1860 als Wohlfühlzone für Nazis?

Anwesend im Gäste-Block war unter anderem ein bekannter Neonazi, dem die Fußballabteilung des TSV erst vor einiger Zeit die Mitgliedschaft verweigerte, was nebenbei erwähnt wieder einmal zur Lieblingsbeschäftigung der Nazis führte: einem Gerichtsprozess. Erst kürzlich gingen während eines anderen Prozesses, Norman Bordin saß dieses mal auf der Anklagebank, mehrere Unterstützer auf Journalisten los. Unter den beim Prozess anwesenden waren, neben dem Angeklagten, übrigens auch einige bekannte Gesichter aus dem Stadion. Auch wenn dieser Gerichtsprozess nichts mit unserem Verein zu tun hatte, so lohnt es sich doch genauer hinzuschauen worum es überhaupt ging.

Kurz nach dem zufälligen Auffliegen des Terrornetzwerkes NSU wurde auf einer Neonazi-Demonstration in München, welche übrigens dank Blockaden von engagierten Bürgern gestoppt wurde, das „Paulchen Panther“-Lied gespielt, die Erkennungsmelodie der NSU. Auf dieser Demo anwesend neben dem bereits erwähnten Norman Bordin: ein weiterer Löwenfan, unschwer zu erkennen am Löwenpulli. Beiden Löwenfans gemeinsam ist, dass sie öfters im Stadion anzutreffen sind aber auch auf Kundgebungen von rechten Organisationen wie beispielsweise des Freies Netz Süd.

Augen auf und Arsch hoch

Natürlich ließe sich jetzt vortrefflich streiten, was dies alles mit unserem Verein zu tun hat. In Diskussionen mit Löwenfans, wie beispielsweise in einer sehr beliebten Facebookgruppe mit über 1000 Mitlesenden, wird auch immer wieder das beliebte Motto “Politik raus aus dem Stadion” hervorgebracht. Die bereits genannten Neonazis fühlen sich in dieser Gruppe jedenfalls pudelwohl und spielen liebend gern die verfolgte Unschuld. Gehetzt von bösen „Linksextremisten“, verfolgt vom „Gutmenschenmob“. Jedoch darf, nein muss die Frage gestellt werden, warum rassistische und ähnliche ausgrenzende Sprechchöre immer und immer wieder aus dem Umfeld der bereits genannten Nazis kommen.

Hier sind zum einen die Löwenfans in die Verantwortung zu nehmen, welche immer wieder vehement Löwenfans verteidigen, welche durch ausgrenzenden Äußerungen auffallen. Die hier verschwendeten Energien sollten lieber darin investiert werden zu schauen, wer sich da im Löwenumfeld tummelt, wohl fühlt, die Löwen in Verruf bringt. Zum anderen ist es auch am Verein selbst, tätig zu werden. Nachdem man aufzuwachen schien und der Thematik aufgeschlossen gegenüber stand, scheint man nun im Winterschlaf zu verweilen. Ein Engagement aller jedoch zwingend nötig, damit sich jeder der den Löwen im Herzen trägt, auch beim TSV gut aufgehoben fühlt.

Doku „Blut muss fließen“

Am vergangenen Samstag den 03. November 2012 wurde im „Gabriel-Filmtheater“ die Doku „Blut muss fließen“ gezeigt. Der Journalist Thomas Kuban war mit versteckter Kamera auf Rechtsrock-Konzerten im In- und Ausland unterwegs. Ein Musiktitel kommt im Film immer wieder vor: „Blut muss fließen knüppelhageldick, wir scheißen auf die Freiheit dieser Judenrepublik…“. Dazu unzählige Coverversionen bei denen bekannte Songs umgedichtet werden mit rassistischen Texten. Immer wieder wird dazu der Hitlergruß gezeigt und „Sieg Heil“ und ähnliches gebrüllt. Aber nicht nur auf Konzerten war der Journalist unterwegs. Szeneläden, in denen es von der Kappe mit Aufdruck teils verbotener Organisationen über CDs einschlägiger Bands bis gar hin zu Waffen alles was das Nazi-Herz begehrt gibt wurden ebenso gefilmt. Nicht minder erschreckend als die Bilder direkt aus dem Innenleben der rechtsextremen Musikszene ist der Versuch, staatliche Stellen mit dem gedrehten Material zu konfrontieren. Ist bereits bei Konzerten zum Teil die Polizei in unmittelbarer Nähe anzutreffen und desinteressiert so steigert sich das unangenehme Gefühl, welches man bei Betrachtung des Films verspürt, endgültig in Wut wenn Thomas Kuban auf Günther Beckstein trifft bei der Vorstellung des bayerischen Verfassungsschutzberichtes. Das Thema Rechtsextremismus wird eher am Rande behandelt und als Herr Beckstein, angesprochen auf die offensichtlichen Straftaten und die Untätigkeit der Behörden meint, man hätte wohl eine, Zitat „Unterschiedliche Auffassung der Gesetzeslage“ ist es endgültig an der Zeit fassungslos und mit offenem Mund auf die Leinwand zu starren. Zur Bundespressekonferenz bleibt dem Journalisten, der nur unter Pseudonym und verkleidet auftritt, dann dank seiner Verkleidung endgültig der Zutritt verwehrt. Aber auch Bürgerinitiativen kommen im Film zu Wort welche sich gegen rechte Umtriebe engagieren.

Im Anschluss an den Film stand der Regisseur Peter Ohlendorf den Fragen des Publikums noch Rede und Antwort. Er betonte, dass die im Film gezeigte Musik der Endpunkt einer langen Reise ist, die für viele bei eher harmlosen Bands beginnt welche als „Einstiegsdroge“ dienen. Eine dieser Bands wird übrigens am Samstag den 10. November 2012 in München auftreten. Am gleichen Tag ist auch, wie der Zufall es will, ein Aufmarsch der extrem rechten, antimuslimischen Splitterpartei „Bürgerbewegung pro Deutschland“ angekündigt. (Dazu wird es hier zeitnah nochmals Infos geben). Auch die Schwierigkeiten bei der Finanzierung des Films wie auch das Desinteresse seitens der Medien und einiger Stiftungen wurde nochmals angesprochen. Auch wenn sich bei der Fragerunde wieder einmal das Phänomen zeigte, dass es vielen eben nicht um die Beantwortung von Fragen geht sondern eher darum, ihr Herz auszuschütten, so war dies durchaus interessant und erhellend.

Das Interesse an dem Film war am Samstag schier überwältigend, es mussten sogar Gäste abgewiesen werden. Am Mittwoch den 07. November 2012 wird der Film im Konferenzsaal, Maximilianeum, München gezeigt. Aufgrund des begrenzten Platzangebotes ist eine Voranmeldung erforderlich: barbara.thoerner-hoeck[at]bayernspd-landtag.de. Thomas Kuban hat über seine Recherchen ein Buch geschrieben. Eine Rezension des Buches findet man unter anderem bei blick nach rechts. Weitere Hintergrundinfos über die rechtsextreme Musikszene, über die Musikstile wie auch eine Liste rechtsextremer Musiker gibt es beim Netz gegen Nazis und der Bundeszentrale für politische Bildung. Für ganz starke Mägen gibt es einen Trailer zum Film bei DASDING.de