Archiv für den Monat: Februar 2013

1860 und die „Ladies“

Eine zynisch-satirische Betrachtung eines besonderen Angebotes von HI² und TSV München von 1860

Unser heißgeliebter TSV versucht also mal das mit dem Marketing, dem Erschließen neuer Zielgruppen. Wie nicht anders zu erwarten, springt die neue Vermarktungsgesellschaft dabei natürlich in den erstbesten sich bietenden Fettnapf. Und da es dabei um den TSV geht, wird natürlich vorher noch kräftig Anlauf genommen.

Vom Schminktisch zum Proseccostand

Zum „Derby“ gegen den FC Ingolstadt gibt es also ein spezielles Angebot für die „Ladies“. Während die Herren „im Business Club über die Aufstellung debattieren“, dürfen die Damen „ungestörte Gespräche bei Prosecco, Wellness Drinks und feiner Schokolade“ führen. Ebenfalls im Angebot: eine kurze Handmassage und Inspiration durch „neue Kosmetikprodukte und ausgefallene Schmuckstücke“.

Ein interessantes Frauenbild, welches man da beim Vermarkter zu haben scheint. Da stellt sich doch unweigerlich die Frage, ob das Wörtchen „ungestört“ nicht verrutscht ist in diesem Angebot. Okay, den kleinen inhaltlichen Fauxpas ziehen wir doch hier gerne mal gerade: „Während die Herren im Business Club ungestört über die Aufstellung debattieren…“ Denn so eine Frau kann einem doch schon den ganzen Spaß am Fußball nehmen.

Huch, Fansein geht auch ohne Penis?

Vielleicht hätte den Menschen vom Vermarkter bis zum 2. oder 3. Stock der Geschäftsstelle, die dieses Angebot zu verantworten haben, ein kurzer Blick in die Fankurven, ob auswärts oder daheim, geholfen. Angeblich soll es dort sehr engagierte Fans geben. Und, oh Schreck, es wurden sogar weibliche Exemplare der Gattung „Fan“ gesichtet. Diese engagieren sich in Fangremien, organisieren Auswärtsfahrten, bringen Ideen und Vorschläge ein und setzen diese sogar um etc. pp. Ja, diese Fans können sogar ohne Handmassage über die Aufstellung debattieren. Und dann gibt es noch Fans, die im Jahre 2011 eine Ausstellung nach München holten, in der es unter anderem um das Thema „Sexismus im Fußball“ geht.

Nicht nur ist das Frauenbild, welches mit „Ladies willkommen“ umschrieben wird, eines von vorgestern. Um das Gesamtbild erst so richtig komplett zu machen, kommt es auch noch in Zeiten einer intensiv geführten Sexismusdebatte. Nach dem übergriffigen Verhalten eines Politikers gegenüber einer Journalistin und einem Blogbeitrag folgten ein Aufruf bei twitter (#aufschrei) und schon rollte eine Flut von Erfahrungsberichten zum Thema (Alltags-)Sexismus durchs Internet und erreichte schließlich auch Printmedien und TV.

Hätte, hätte, Fahrradkette, oder so

Um zu erfahren, wie sich nun diese angeblich neue Zielgruppe für einen Besuch in der Arena erwärmen lässt, hätten sich der Vermarkter und/oder der TSV einfach mal unter den eigenen Fans umschauen und diese nach ihren Wünschen fragen können. Der Verein hätte sich mit seinen Fans an einen Tisch setzen können oder einfach ein Fangremium befragen können. Der Verein hätte so vielleicht das ein oder andere erfahren können, was den gemeinen Fan – völlig unabhängig vom Geschlecht – denn nun stört und wo der Fan Optimierungspotential sieht. Vielleicht hätte der Verein ja auch mal die Fans befragen können, die sich mit dem Themenfeld „Ausgrenzung aufgrund des Geschlechts“ ein wenig besser auskennen.

Stattdessen wird also eine Kampagne gestartet, in der Frau abgewertet wird. Degradiert zur schampusschlürfenden Dauerplaudertasche mit überbordendem Shoppingbedürfnis. Für diesen wichtigen Beitrag, den die Verantwortlichen hier leisten, gebührt ihnen natürlich aufrichtigster Dank. Und damit hier nicht nur Gemotze steht ein kleiner Tipp für die nächste „Ladies willkommen“-Aktion: Baut am besten noch mehrere Schuhgeschäfte in die Arena ein. Denn wie wir ja alle wissen, denkt Frau grundsätzlich nur ans Schuhe kaufen und um Fußball geht es ihnen nur am Rande.

Update 22.02.2013:

Ergiebige Fettnapfvorkommen entdeckt

Der Vermarkter hat die Beschreibung seines Angebotes jetzt also geändert und aus den „Ladies“ wurden „Löwinnen und solche, die es noch werden wollen“. Und gar plötzlich werden durch den Geschäftsführer der KgaA zwei weibliche Angestellte des Vermarkters aus dem Hut gezaubert, deren Idee dies gewesen sein soll. Na sowas auch.

Die deutliche Kritik an der Aktion zum „Derby“ beruht also laut unserem Vermarkter, in Tateinheit mit den Herren aus dem 3. Stock der Geschäftsstelle, auf einer „missverstandenen Wahrnehmung“. Zu guter Letzt zaubert man(n!) dann auch noch eine Art Gewinnspiel aus dem Hut, um die ersten 60 Löwinnen, welche sich melden, zu belohnen.

Liebe Verantwortliche, ganz kurz und knapp: Ernsthaft? Ist diese Kampagne ernsthaft der Versuch eines verantwortlichen Umgangs mit seinen Fans, gleich welchen Geschlechts? Ist die bereits zitierte „missverstandene Wahrnehmung“ wirklich der Versuch, sich aus der Verantwortung zu stehlen? Oder doch eher der mehr als peinliche Versuch denjenigen die Schuld in die Schuhe zu schieben, die mehr als deutliche Kritik an dieser Marketingkampagne geübt haben? Ist also der Hinweis auf das Bedienen veralteter Rollenklischees und das Absprechen von Fußballsachverstand ehrlich ein Wahrnehmungsproblem? Und meint Ihr Verantwortliche ernsthaft, dass ein Geschenk an 60 „Löwinnen“ diese Aktion auch nur einen Deut besser macht? Ist der respektvolle Umgang mit Fans, gleich welchen Geschlechts, ernsthaft eine Handelsware?

Mit verständnislosem Gruß

Die Löwenfans gegen Rechts

Aufruf: Berichte über Polizeiwillkür bitte an uns senden

Liebe Freund/innen des runden Leders und des gepflegten Spieles,

die Münchner Initiative „Für eine transparente und bürgerfreundliche Polizei versucht gerade, sich für unsere Pressearbeit und die Archive unserer Partner von Amnesty International einen Überblick über willkürliche Polizeigewalt im deutschen Fußball zu verschaffen.

Zu diesem Zweck wollen wir eine möglichst umfangreiche Liste erstellen.

Wir bitten deshalb alle Fanszenen, die in den zurückliegenden Jahren in irgendeiner Form Opfer von gewalttätigen Übergriffen durch die Staatsmacht zu beklagen haben bzw. hatten, um eine Rückmeldung und um eine kurze und knappe Schilderung der bekannt gewordenen Vorfälle.

Für Eure Hilfe schon mal vorab herzlichsten Dank aus München

Herbert Schröger, LfgR

Wer kann mit Berichten helfen? Eure Mails bitte gleich direkt an Herbert: h.schroeger60[ät]plus.cablesurf.de
Wenn es Mails mit großen Anhängen sind, dann bitte an loewe[ät]fanzine-loewenmut.de (da hat er mehr Platz für Anhänge).

Veranstaltungstipps für Samstag den 16.02.2013

Zwei Veranstaltungen mit leider leichten Überschneidungen finden am kommenden Samstag statt:

Samstag, 16.02.2013 14:00 Uhr – 18:00 Uhr Bayerischer Landtag, Maximilianeum, München

Fairplay heißt Toleranz und Respekt vor dem sportlichen Gegner. In diesem Sinne kann Sport einen wichtigen Beitrag auf dem Weg zu einer aufgeschlossenen und integrativen Gesellschaft leisten. Nicht immer halten sich jedoch alle an diese Regel – sowohl auf als auch neben dem Platz.

Gerade migrantisch geprägte Sportvereine sehen sich noch zu oft mit Ausgrenzung und Diskriminierung konfrontiert. Das große Potential, das gerade diese Vereine im Hinblick auf Verständigung und Integration in sich tragen, wird gleichzeitig allzu häufig übersehen.

Weitere Infos und Anmeldung

Samstag, 16.02.2013 18:00 Uhr bis ca. 22:00 Uhr: Die junge Nacht der Clubs – gemeinsam feiern für Toleranz und Respekt

Haltung zeigen kann viele Gesichter haben und findet nicht nur in Form von Diskussion und Argumentation statt. Respektvoll zusammenleben kann man in vielen Formen, z.B. auch indem man miteinander feiert – für Toleranz und Respekt.

Willkommen ist wer Respekt mitbringt, gegenüber:

– denjenigen aus dem anderen Viertel
– denjenigen mit einer anderen Herkunft und/oder Sprache
– denjenigen mit einem anderen Glauben
– denjenigen mit einer anderen sexuellen Orientierung
– denjenigen die körperlich nicht unversehrt sind
– all denen die „anders“ sind

Die Löwenfans gegen Rechts freuen sich schon aufs Atomic Cafe und hoffentlich viele Mitfeiernde.
Weitere Infos gibt es auf der Seite der Kampagne Laut gegen Brauntöne und auf der Veranstaltungsseite auf facebook.

Neulich in Duisburg…

Die Münchner Löwen feiern also einen Sieg in Duisburg, sehr schön. Eher unschön dagegen, was im Auswärtsblock zu vernehmen war. Beim Blick auf den Kader und den Spielverlauf dürfte auch eher unschwer zu erraten sein, an wem sich manch Dumpfbacke unter den Löwen-Anhängern mal wieder versucht hat abzureagieren. Und so waren „Nigger raus“, „Scheiß Kanacke“ und, als die 3 Punkte sicher waren, auch ein augenzwinkerndes „Sieg…pscht“ zu vernehmen. Die komplette Huldigung traut man sich da scheints doch (noch?) nicht. Zeit aber, wieder einmal genauer hinzuschauen wer sich denn da unter den Löwenfans tummelt, wohl fühlt und vehement als „echter Löwenfan“ verteidigt wird.

1860 als Wohlfühlzone für Nazis?

Anwesend im Gäste-Block war unter anderem ein bekannter Neonazi, dem die Fußballabteilung des TSV erst vor einiger Zeit die Mitgliedschaft verweigerte, was nebenbei erwähnt wieder einmal zur Lieblingsbeschäftigung der Nazis führte: einem Gerichtsprozess. Erst kürzlich gingen während eines anderen Prozesses, Norman Bordin saß dieses mal auf der Anklagebank, mehrere Unterstützer auf Journalisten los. Unter den beim Prozess anwesenden waren, neben dem Angeklagten, übrigens auch einige bekannte Gesichter aus dem Stadion. Auch wenn dieser Gerichtsprozess nichts mit unserem Verein zu tun hatte, so lohnt es sich doch genauer hinzuschauen worum es überhaupt ging.

Kurz nach dem zufälligen Auffliegen des Terrornetzwerkes NSU wurde auf einer Neonazi-Demonstration in München, welche übrigens dank Blockaden von engagierten Bürgern gestoppt wurde, das „Paulchen Panther“-Lied gespielt, die Erkennungsmelodie der NSU. Auf dieser Demo anwesend neben dem bereits erwähnten Norman Bordin: ein weiterer Löwenfan, unschwer zu erkennen am Löwenpulli. Beiden Löwenfans gemeinsam ist, dass sie öfters im Stadion anzutreffen sind aber auch auf Kundgebungen von rechten Organisationen wie beispielsweise des Freies Netz Süd.

Augen auf und Arsch hoch

Natürlich ließe sich jetzt vortrefflich streiten, was dies alles mit unserem Verein zu tun hat. In Diskussionen mit Löwenfans, wie beispielsweise in einer sehr beliebten Facebookgruppe mit über 1000 Mitlesenden, wird auch immer wieder das beliebte Motto “Politik raus aus dem Stadion” hervorgebracht. Die bereits genannten Neonazis fühlen sich in dieser Gruppe jedenfalls pudelwohl und spielen liebend gern die verfolgte Unschuld. Gehetzt von bösen „Linksextremisten“, verfolgt vom „Gutmenschenmob“. Jedoch darf, nein muss die Frage gestellt werden, warum rassistische und ähnliche ausgrenzende Sprechchöre immer und immer wieder aus dem Umfeld der bereits genannten Nazis kommen.

Hier sind zum einen die Löwenfans in die Verantwortung zu nehmen, welche immer wieder vehement Löwenfans verteidigen, welche durch ausgrenzenden Äußerungen auffallen. Die hier verschwendeten Energien sollten lieber darin investiert werden zu schauen, wer sich da im Löwenumfeld tummelt, wohl fühlt, die Löwen in Verruf bringt. Zum anderen ist es auch am Verein selbst, tätig zu werden. Nachdem man aufzuwachen schien und der Thematik aufgeschlossen gegenüber stand, scheint man nun im Winterschlaf zu verweilen. Ein Engagement aller jedoch zwingend nötig, damit sich jeder der den Löwen im Herzen trägt, auch beim TSV gut aufgehoben fühlt.

Lesung „Die Löwen unterm Hakenkreuz“

Liebe Löwenfans,

der TSV 1860 München und das Fanprojekt München laden Euch herzlich zu folgender
Veranstaltung ein:

Der Autor Anton Löffelmeier liest aus seinem Buch „Die ‚Löwen‘ unterm Hakenkreuz„. Im Anschluss daran findet ein Autorengespräch mit offener Diskussion statt. Die Moderation übernimmt der Journalist und Delegierte der Fußballabteilung Peter Kveton.

Beginn: Donnerstag, 28. Februar 2013 um 19:30 Uhr
Ort der Veranstaltung: das Bistro A1 (Grünwalder Straße 9, gegenüber vom Sechzger-Stadion).

Für weitere Infos und bei Rückfragen wendet Euch bitte an Axel Dubelowski (axel.dubelowski@tsv1860.de) oder an Steffi Dilba (fanprojektmuenchen@web.de), die sich sehr über Euer Kommen freuen würden.

EINLASSVORBEHALT:
Die Veranstaltenden behalten sich vor, von ihrem Hausrecht Gebrauch zu machen und Personen, die rechtsextremen Parteien oder Organisationen angehören, der rechtsextremen Szene zuzuordnen sind oder bereits in der Vergangenheit durch rassistische, nationalistische, antisemitische oder sonstige menschenverachtenden Äußerungen in Erscheinung getreten sind, den Zutritt zur Veranstaltung zu verwehren oder von dieser auszuschließen.

Februar-Stammtisch

Wie gewohnt findet unser monatlicher Stammtisch am 1. Dienstag im Monat statt:

Dienstag, 05. Februar 2013
Uhrzeit: 18:60 Uhr
Ort: Fanheim, Herzogstanstraße 18
(U-Bahn Silberhornstrasse)

Wer sich engagieren möchte oder Themenvorschläge hat ist natürlich gern gesehen. Es gilt natürlich der Einlassvorbehalt.
Natürlich können auch Themen, Fragen, Wünsche, Vorschläge, Lob, Kritik wie gewohnt an unsere E-Mail-Adresse info[ät]lfgr60.de gesendet werden. Wer über einen Facebook-Account verfügt darf gern unsere Facebook-Seite besuchen.