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SECHZGE, OIDE! MIT LEIB UND SEELE LÖWIN. Ein Fotoprojekt

Fotoausstellung vom 2.-8. Januar 2017 im Farbenladen

© Anne Wild | www.annewild.de

© Anne Wild | www.annewild.de

Sechzig Portraits – sechzig Frauen und Mädchen – sechzig Löwinnen. Mit dem Fotoprojekt „SECHZGE, OIDE! MIT LEIB UND SEELE LÖWIN“ zeigen die Löwenfans gegen Rechts – unterstützt durch den TSV 1860 München und das Fanprojekt München – dass Frauen und Mädchen einen festen Platz unter den Sechzgerfans haben. Die Fotografin ANNE WILD, die selbst Anhängerin ist und die viele Spiele der Fußballmannschaften des TSV 1860 München dokumentiert, porträtierte die Löwinnen. Steffi und Lisa, beide bei den Löwenfans gegen Rechts aktiv, führten Interviews mit ihnen: Seit wann sind sie Sechzgerfans und warum? Welche Erlebnisse machen sie im Fußballstadion?

Entstanden sind sechzig Portraits mit Bild und Text. Sie zeigen Frauen und Mädchen, die sich, so unterschiedlich sie sind, bei einem einig sind: Sechzig ist der geilste Club der Welt! Da ist die 35-jährige Annika, deren schönstes Erlebnis bei Sechzig war, als Gabor Kiraly ihre kleine Tochter auf den Arm nahm. Die 25-jährige Christina, deren ganze Familie aus Bayernfans besteht und die sich irgendwann dachte: „Jemand muss hier doch auch für die Blauen sein.“ Oder die 50-jährige Brigitte, die beim Aufstieg 1994 „drei Tage lang im Delirium“ war. Die Frauen und Mädchen wollen ihre Leidenschaft für Sechzig zeigen. Das liest man in den Texten und man sieht es an dem Lächeln, mit dem sie in die Kamera blicken. Weil Fußball eben nicht nur Männersache ist!

Programm & Öffnungszeiten
2.-8. Januar 2017 im Feierwerk Farbenladen, Hansastraße 31

Montag 02.01.2017, 15:30 – 22:00 Uhr | Ausstellungseröffnung um 18:60 Uhr mit Getränken und Häppchen
Dienstag 03.01.2017, 15:30 – 20:00 Uhr
Mittwoch 04.01.2017, 15:30 – 20:00 Uhr
Donnerstag 05.01.2017, 15:30 – 22:00 Uhr
Freitag 06.01.2017, 13:00 – 22:00 Uhr | 18:00 Uhr Vortrag/Lesung mit Ronny Blaschke über „Sexismus im Fußball“ und Vorstellung seines Buches „Gesellschaftsspielchen. Fußball zwischen Hilfsbereitschaft und Heuchelei“
Samstag 07.01.2017, 13:00 – 20:00 Uhr
Sonntag 08.01.2017, 13:00 – 22:00 Uhr | 18:00 Uhr Podiumsdiskussion „Frauen in der Kurve“ u.a. mit Antje Hagel (Netzwerk Frauen im Fußball) und Lothar Langer (Fanprojekt München)

Eintritt frei!

Der Vortragsabend mit Ronny Blaschke am 6. Dezember findet in Kooperation mit dem Kurt-Eisner-Verein statt.

Juhu, es ist wieder EM! – Wenn Sexismus und Nationalismus „halt einfach dazugehören“

schland

Ich weiß nicht, worüber ich mich mehr ärgern soll:

Darüber, dass mich an der U-Bahn von einem riesigen Plakat eines Wettanbieters aus eine nackte Dame mit einem Fußball unter dem Arm – beobachtet durch einen Feldstecher – angrinst und darüber steht der Slogan „Life is a game“?

Darüber, dass Menschen, die sich sonst eher nicht für Fußball interessieren und mich auch gerne mal belächeln, weil ich als Frau regelmäßig zum Fußball gehe, auf einmal ganz entsetzt sind, wenn ich sage, dass mich das Deutschlandspiel am Abend nicht mehr interessiert als alle anderen EM-Spiele auch?

Darüber, dass die Autos und Balkone der Stadt mit Deutschlandfahnen übersät sind, wie an so vielen Montagen der Münchner Odeonsplatz, wenn Pegida mal wieder aufläuft?

Oder darüber, dass, wenn erstmalig eine Frau ein EM-Spiel kommentiert, die Kommentare in den Sozialen Medien von einer Dummheit, Einfältigkeit und Frauenfeindlichkeit strotzen, dass es einem die Nackenhaare aufstellt?

Gar nicht erst zu sprechen von den Jagdszenen in Marseille oder von einer deutschen Fangruppe aus Sachsen, die in Lille mit der Reichskriegsflagge posierte. Oder von dem Fan, der auf der Fanmeile am Brandenburger Tor den Hitlergruß zeigte.

Bei meinem Auslandssemester in Italien während der WM 2010 hatte ich ein sehr prägendes Erlebnis, das meine Sichtweise auf Europa- und Weltmeisterschaften verändert hat. Wir Erasmus-Studierenden waren ein bunte Truppe aus ganz Europa, haben uns die Spiele gemeinsam angesehen und uns gemeinsam gefreut – bis Deutschland im Halbfinale gegen Spanien aus dem Wettbewerb ausschied: Da ist einer meiner deutschen Kommilitonen, geschmückt mit Deutschlandtrikot und Deutschlandfahnen auf der Backe, auf einmal auf seine spanischen Erasmus-Kumpaninnen und -Kumpanen, mit denen er am Abend zuvor noch fröhlich gefeiert hatte, losgegangen und hat sie aufs übelste beschimpft.

Mir gefällt das gemeinsame Fußballerlebnis, wie ich es bis zu diesem Zeitpunkt in Italien erlebt hatte. Ich gucke mir gerne mit Freundinnen und Freunden EM-Spiele an. Und ich weiß, dass es viele Menschen gibt, die sich ganz friedlich und ohne jeden Hass die Fußballspiele der EM ansehen möchten. Wenn aber aus Italienerinnen und Italienern „Spaghettifresser“ werden und aus vermeintlichen Freundinnen und Freunden Feinde, dann hat das für mich mit Fußball nichts mehr zu tun. Dann ist das ungeschönter Nationalismus.

Ich weiß, dass es viele gibt, die mich wegen solcher Aussagen als Spaßverderberin bezeichnen. Aber die Europameisterschaft zeigt traurigerweise das hässliche Gesicht Europas: Sowohl Nationalismus und der damit verbundene Fremdenhass als auch Frauenfeindlichkeit sind in der Gesellschaft tief verankert – während der EM wird das gerade so spür- und sichtbar, dass es mir Angst macht.

L.B.

1860 und die „Ladies“

Eine zynisch-satirische Betrachtung eines besonderen Angebotes von HI² und TSV München von 1860

Unser heißgeliebter TSV versucht also mal das mit dem Marketing, dem Erschließen neuer Zielgruppen. Wie nicht anders zu erwarten, springt die neue Vermarktungsgesellschaft dabei natürlich in den erstbesten sich bietenden Fettnapf. Und da es dabei um den TSV geht, wird natürlich vorher noch kräftig Anlauf genommen.

Vom Schminktisch zum Proseccostand

Zum „Derby“ gegen den FC Ingolstadt gibt es also ein spezielles Angebot für die „Ladies“. Während die Herren „im Business Club über die Aufstellung debattieren“, dürfen die Damen „ungestörte Gespräche bei Prosecco, Wellness Drinks und feiner Schokolade“ führen. Ebenfalls im Angebot: eine kurze Handmassage und Inspiration durch „neue Kosmetikprodukte und ausgefallene Schmuckstücke“.

Ein interessantes Frauenbild, welches man da beim Vermarkter zu haben scheint. Da stellt sich doch unweigerlich die Frage, ob das Wörtchen „ungestört“ nicht verrutscht ist in diesem Angebot. Okay, den kleinen inhaltlichen Fauxpas ziehen wir doch hier gerne mal gerade: „Während die Herren im Business Club ungestört über die Aufstellung debattieren…“ Denn so eine Frau kann einem doch schon den ganzen Spaß am Fußball nehmen.

Huch, Fansein geht auch ohne Penis?

Vielleicht hätte den Menschen vom Vermarkter bis zum 2. oder 3. Stock der Geschäftsstelle, die dieses Angebot zu verantworten haben, ein kurzer Blick in die Fankurven, ob auswärts oder daheim, geholfen. Angeblich soll es dort sehr engagierte Fans geben. Und, oh Schreck, es wurden sogar weibliche Exemplare der Gattung „Fan“ gesichtet. Diese engagieren sich in Fangremien, organisieren Auswärtsfahrten, bringen Ideen und Vorschläge ein und setzen diese sogar um etc. pp. Ja, diese Fans können sogar ohne Handmassage über die Aufstellung debattieren. Und dann gibt es noch Fans, die im Jahre 2011 eine Ausstellung nach München holten, in der es unter anderem um das Thema „Sexismus im Fußball“ geht.

Nicht nur ist das Frauenbild, welches mit „Ladies willkommen“ umschrieben wird, eines von vorgestern. Um das Gesamtbild erst so richtig komplett zu machen, kommt es auch noch in Zeiten einer intensiv geführten Sexismusdebatte. Nach dem übergriffigen Verhalten eines Politikers gegenüber einer Journalistin und einem Blogbeitrag folgten ein Aufruf bei twitter (#aufschrei) und schon rollte eine Flut von Erfahrungsberichten zum Thema (Alltags-)Sexismus durchs Internet und erreichte schließlich auch Printmedien und TV.

Hätte, hätte, Fahrradkette, oder so

Um zu erfahren, wie sich nun diese angeblich neue Zielgruppe für einen Besuch in der Arena erwärmen lässt, hätten sich der Vermarkter und/oder der TSV einfach mal unter den eigenen Fans umschauen und diese nach ihren Wünschen fragen können. Der Verein hätte sich mit seinen Fans an einen Tisch setzen können oder einfach ein Fangremium befragen können. Der Verein hätte so vielleicht das ein oder andere erfahren können, was den gemeinen Fan – völlig unabhängig vom Geschlecht – denn nun stört und wo der Fan Optimierungspotential sieht. Vielleicht hätte der Verein ja auch mal die Fans befragen können, die sich mit dem Themenfeld „Ausgrenzung aufgrund des Geschlechts“ ein wenig besser auskennen.

Stattdessen wird also eine Kampagne gestartet, in der Frau abgewertet wird. Degradiert zur schampusschlürfenden Dauerplaudertasche mit überbordendem Shoppingbedürfnis. Für diesen wichtigen Beitrag, den die Verantwortlichen hier leisten, gebührt ihnen natürlich aufrichtigster Dank. Und damit hier nicht nur Gemotze steht ein kleiner Tipp für die nächste „Ladies willkommen“-Aktion: Baut am besten noch mehrere Schuhgeschäfte in die Arena ein. Denn wie wir ja alle wissen, denkt Frau grundsätzlich nur ans Schuhe kaufen und um Fußball geht es ihnen nur am Rande.

Update 22.02.2013:

Ergiebige Fettnapfvorkommen entdeckt

Der Vermarkter hat die Beschreibung seines Angebotes jetzt also geändert und aus den „Ladies“ wurden „Löwinnen und solche, die es noch werden wollen“. Und gar plötzlich werden durch den Geschäftsführer der KgaA zwei weibliche Angestellte des Vermarkters aus dem Hut gezaubert, deren Idee dies gewesen sein soll. Na sowas auch.

Die deutliche Kritik an der Aktion zum „Derby“ beruht also laut unserem Vermarkter, in Tateinheit mit den Herren aus dem 3. Stock der Geschäftsstelle, auf einer „missverstandenen Wahrnehmung“. Zu guter Letzt zaubert man(n!) dann auch noch eine Art Gewinnspiel aus dem Hut, um die ersten 60 Löwinnen, welche sich melden, zu belohnen.

Liebe Verantwortliche, ganz kurz und knapp: Ernsthaft? Ist diese Kampagne ernsthaft der Versuch eines verantwortlichen Umgangs mit seinen Fans, gleich welchen Geschlechts? Ist die bereits zitierte „missverstandene Wahrnehmung“ wirklich der Versuch, sich aus der Verantwortung zu stehlen? Oder doch eher der mehr als peinliche Versuch denjenigen die Schuld in die Schuhe zu schieben, die mehr als deutliche Kritik an dieser Marketingkampagne geübt haben? Ist also der Hinweis auf das Bedienen veralteter Rollenklischees und das Absprechen von Fußballsachverstand ehrlich ein Wahrnehmungsproblem? Und meint Ihr Verantwortliche ernsthaft, dass ein Geschenk an 60 „Löwinnen“ diese Aktion auch nur einen Deut besser macht? Ist der respektvolle Umgang mit Fans, gleich welchen Geschlechts, ernsthaft eine Handelsware?

Mit verständnislosem Gruß

Die Löwenfans gegen Rechts