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Aufmarsch der Islamhasser am 10.11.2012

Plakate der Islamhasser

Am gestrigen Samstag den 10.11.2012 fand eine Demo der Rechtspopulisten und Rechtsextremen in München statt. Der Demozug führte, geschützt von einem gewaltigen Polizeiaufgebot, von der Ruppertstraße zum Goetheplatz. Löwenfans waren auch anwesend – auf beiden Seiten.

Was denn nun schon wieder?

Die rechtsextreme „Bürgerbewegung pro Deutschland“ hatte zum Protest aufgerufen. Protestiert werden sollte gegen das geplante Zentrum für Islam in Europa – München. Ein Lieblingsthema der neuen Rechten also: der Islam. Aber dazu später mehr. Während in München ein breites, überparteiliches Bündnis unter dem Motto „München ist bunt“ zur Gegenkundgebung aufrief, fetzten sich die Rechten erstmal untereinander. Die „Bürgerinitiative Ausländerstopp“ versuchte samt NPD bereits im Vorfeld sich dem Demoaufruf anzuschließen und sagten ihr Kommen zu, trafen aber bei pro Deutschland auf Ablehnung da man sich ja von Nazis distanziert. Dies sollte noch zu gar unterhaltsamen Szenen bei der Demo führen.

Na denn mal los

Bis zum Start des Programms gegen 11:00 Uhr hatten sich am Goetheplatz ca. 1000 MünchnerInnen zur Gegenkundgebung eingefunden. Für das große Bündnis, welches zur Teilnahme aufgerufen hatte, sicherlich eine etwas enttäuschende Zahl. Politiker nahezu aller Parteien die sich dem Bündnis angeschlossen hatten durften dann in Reden viele Dinge ansprechen, die unbedingt nochmals betont werden müssen. Dazu zählen zum Beispiel die Beweggründe der Islamhasser und ihre Methoden. Die Redebeiträge waren ebenso wie die musikalischen Darbietungen der KünstlerInnen von unterschiedlicher Qualität. Und kaum gefällt dem Autor dieser Zeilen das von einer Künstlerin gebotene, versuchen natürlich Nazis die Demo zu stören. Ein kleiner Trupp von fünf dem ultrarechten Spektrum Zuzuordnenden kam fähnchenschwenkend aus unerwarteter Richtung angelaufen was sofort zu Hektik führte, da die Polizei diese Seite der Gegendemo nur unzureichend abgesichert hatte. Das ganze wurde recht schnell von der Polizei gelöst und die Rechten auf die andere Seite des Goetheplatzes geführt auf der eine Zwischenkundgebung der von „pro Deutschland“ angemeldeten Demo stattfinden sollte.

Über twitter und Co. hielt mensch sich währenddessen über das Geschehen auf der Islamhasser-Demo auf dem laufenden und bekam so mit, dass es dort nach Erscheinen der BIA- und Kameradschaftsmitglieder zu Rangeleien gekommen war. Immerhin war dies dann für die anwesende Polizei ein Anlass, einen der Beteiligten festzunehmen, denn die Ausfälligkeiten an der Darul-Quran-Moschee waren dazu scheints nicht ausreichend. Eine unter den so genannten „Islamkritikern“ sehr beliebte Taktik wurde dort angewandt: Provokation, verbunden mit Drohungen. Führen diese zum gewünschten Ergebnis, zu Gewalt durch den Provozierten, dann kann man wenigstens betonen schon immer gewusst zu haben, wie gewalttätig der Moslem ist. Kommt es nicht zum erwünschten, dann hat man wenigstens dem Moslem die Meinung gegeigt. Frei nach dem Motto: Endlich sagts mal einer

Zwischenkundgebung und mittendrin

Zurück zum Geschehen am Goetheplatz und in der Umgebung. Die Polizei hatte aus dem blockierten Nazi-Aufmarsch Anfang diesen Jahres gelernt und alles aus dem süddeutschen Raum zusammen gezogen was nur irgendwie einsatzfähig war. Bereits vor Ankunft der Rechtspopulisten und -extremen waren mehrere Hundertschaften im Umfeld des Ortes der Gegendemo zu erkennen und die geplante Route der Rechten wurde großräumig abgesperrt und bewacht. Bei Ankunft des „pro Deutschland“-Zuges bot sich ein skurriles Bild: Nazis die von Nazis durch Polizei abgetrennt marschieren mussten. Vorn der angemeldete Protest von „pro Deutschland“, dahinter der Zug um Karl Richter und die Aktivisten aus Kameradschaften. Dank eines gellenden Pfeifkonzertes war von den Reden nicht viel zu verstehen, dafür nutzen ein paar – gemeldete Zahlen schwanken zwischen 30 und 70 – Gegendemonstranten die Gelegenheit um die geplante Route zu blockieren.

Die Gegendemo verlief sich ab diesem Zeitpunkt ein wenig. Ein Teil begab sich schon Richtung der geplanten Abschlusskundgebung am Sendlinger Tor während andere einen Weg suchten ebenfalls auf die Linwurmstraße zu gelangen um die Route zu blockieren. Das musikalische Programm am Goetheplatz lief währenddessen weiter. Die Polizei war diesmal nicht nur mit Großaufgebot vertreten, sie reagierte auch sehr schnell und isolierte die Sitzblockade auf der Lindwurmstraße. Am Sendlinger Tor wartete dafür eine Überraschung auf uns, denn dort warteten bereits Fans von Eintracht Frankfurt und skandierten ebenfalls lautstark Parolen gegen die Nazis. Unter fröhlichem Hallo wurden zwischen Fußballfans erstmal Aufkleber getauscht und Äppelwoi angeboten (war nicht schlecht, und die versprochene, beschleunigte Verdauung blieb auch aus).

Endspurt

An der eingekesselten Sitzblockade wurde der Tross der Rechten dann einfach auf dem Fahrradweg vorbeigeführt, wobei hier die Meinungen auseinander gehen, ob die Sitzblockade oder der Zug der Islamhasser zu klein waren. Warum der Beifahrer im Kleinbus der Islamhasser allerdings während der Fahrt fortlaufend die Hand vors Gesicht hielt und geduckt da saß um bloss nicht erkannt zu werden ist mir doch ein wenig rätselhaft. Ist ja nicht so, dass er während der Demo nicht gut erkennbar gewesen wäre. Am Sendlinger Tor angekommen wurden die Rechten umgehend in einen vorher abgesperrten Bereich gebracht und verbrachten dort einige Zeit mit dem Aufbau ihrer Utensilien. Zwischendrin wurde auch Musik gespielt, wobei es nicht unbedingt überraschend ist, dass ausgerechnet Frei.Wild mit unter den vom Band abgespielten Interpreten war. Erstaunlich übrigens, dass Karl Richter, von dem man sich doch so deutlich distanzieren wollte, dann doch sprechen durfte. Sein mitgebrachter Trupp an Kameradschaftlern stand währenddessen etwas verloren am Rand der Demo herum, abgeschirmt von der Polizei.

Die Reden boten das übliche aus der Islamhasserszene schon altbekannte. Begriffe wie Scharia, Islamisten, Salafisten und Co. wurden in einen Topf geworfen und kräftig umgerührt. Wie diese selbst ernannte Szene aus „Islamexperten“ auf die Idee kommt, sie wüssten wovon sie sprechen wird mir auf ewig ein Rätsel bleiben. Jedoch zeigten – nicht nur – Gespräche im Umfeld der Demo, dass ihre Hetze nicht unbedingt auf Ablehnung stößt und desöfteren auf fruchtbaren Boden fällt. Für die Taten einer radikalen Minderheit wird der Islam als Religion verantwortlich gemacht, ca. 1,4 Milliarden Menschen über einen Kamm geschoren und aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit als gefährlich dargestellt und schon hat man Ängste geweckt mit denen man spielen kann. Und wenn dies nicht reicht, dann siehe die weiter oben bereits angesprochene Taktik, welche aus einer Mischung aus Provokation, Drohungen und Beleidigungen besteht. Perfide auch, wie die Islamhasser sich als die neue verfolgte Minderheit darstellen wollen und so einen Vergleich zogen mit einer anderen, im Dritten Reich verfolgten Minderheit. Natürlich ohne die Juden explizit zu erwähnen, weil das geht dann doch zu weit. Auch wurde betont, dass man sich ja von den Nazis distanzieren würde und dies auch gezeigt habe, indem man die anderen, also die Gruppe um Karl Richter, nicht mitmarschieren ließ.

Nazis sind immer die anderen und Fazit

Einmal die Absperrungen zur Hälfte umrundet, und schon stand man vor der isoliert stehenden Gruppe um Karl Richter. Dabei handelte es sich zum Teil um exakt diejenigen, die versucht hatten die Gegendemo zu stören. Die wenigen Kameradschaftler dort wirkten doch schon sehr *hüstelt* jugendlich und manch Gegendemonstrant rutschte dahingehend eine Bemerkung raus. Von diesem kleinen Kameradschaftlertrupp abseits befanden sich, meist im angeregten Gespräch vertieft, der bereits mehrmals erwähnte Stadtrat der „Bürgerinitiative Ausländerstopp“ und der bereits mehrmals im rechten Umfeld auffällig gewordene Sven Grams von den „Outsiders“. Ganz amüsant waren die Reaktionen auf die Bezeichnung als Nazis. Während bei der „pro Deutschland“-Demo man sich bemüht von Nazis distanzierte, auf die Kameradschaftler als Nazis hinwies, die man nicht mitmarschieren ließ – während Karl Richter, verurteilt wegen Hitlergrußes während der Vereidigung als Stadtrat, als Redner auftreten durfte, – entblödete sich eben dieser Karl Richter nicht, beim Wort „Nazi“ auf die pro-Demo zu zeigen. Nazis die auf Nazis zeigen um damit davon abzulenken, dass sie Nazis sind. Gegen 16 Uhr wurden dann, nach Abspielen der Nationalhymne, die Plakate und das sonstige Material ins Leihauto gepackt. Ein Leihauto übrigens aus Berlin-Kreuzberg. Vermutlich ebenso konsequent wie das Tragen von Schuhmarken der Imperialisten. Die Kameradschaftler hatten sich zu diesem Zeitpunkt übrigens bereits tröpfchenweise verabschiedet.

Dank gilt allen TeilnehmerInnen der Gegendemo und auch der Polizei. Letztere blieb, bis auf wenige altbekannte Ausnahmen, ruhig und friedlich. Leider zeigten viele Reaktionen im Umfeld der Demo, wie es auch der tägliche Kontakt zeigt, dass noch viel Aufklärungsarbeit wartet damit die Parolen der Islamhasser nicht auf fruchtbaren Boden fallen können. Dazu gehört natürlich sich zu informieren wer sich hinter den so genannten „Bürgerinitiativen“ und „PRO“-Organisatoren versteckt. Eine internationale Vernetzung der Islamhasserszene findet bereits statt. Auch das Erkennen von Symbolen und Codes der Rechten gehört dazu. Das Internet, gern und viel gescholten, bietet natürlich nicht nur den Ultrarechten eine Spielwiese. Es gibt eine Vielzahl an Seiten, auf denen man sich umfassend über rechte Umtriebe und Hintergründe informieren kann, auf denen man Hintergründe über die verschiedenen Spielarten der so genannten „gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit“ erfahren kann und auch Möglichkeiten zum Engagement gegen diese Umtriebe findet.

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Doku „Blut muss fließen“

Am vergangenen Samstag den 03. November 2012 wurde im „Gabriel-Filmtheater“ die Doku „Blut muss fließen“ gezeigt. Der Journalist Thomas Kuban war mit versteckter Kamera auf Rechtsrock-Konzerten im In- und Ausland unterwegs. Ein Musiktitel kommt im Film immer wieder vor: „Blut muss fließen knüppelhageldick, wir scheißen auf die Freiheit dieser Judenrepublik…“. Dazu unzählige Coverversionen bei denen bekannte Songs umgedichtet werden mit rassistischen Texten. Immer wieder wird dazu der Hitlergruß gezeigt und „Sieg Heil“ und ähnliches gebrüllt. Aber nicht nur auf Konzerten war der Journalist unterwegs. Szeneläden, in denen es von der Kappe mit Aufdruck teils verbotener Organisationen über CDs einschlägiger Bands bis gar hin zu Waffen alles was das Nazi-Herz begehrt gibt wurden ebenso gefilmt. Nicht minder erschreckend als die Bilder direkt aus dem Innenleben der rechtsextremen Musikszene ist der Versuch, staatliche Stellen mit dem gedrehten Material zu konfrontieren. Ist bereits bei Konzerten zum Teil die Polizei in unmittelbarer Nähe anzutreffen und desinteressiert so steigert sich das unangenehme Gefühl, welches man bei Betrachtung des Films verspürt, endgültig in Wut wenn Thomas Kuban auf Günther Beckstein trifft bei der Vorstellung des bayerischen Verfassungsschutzberichtes. Das Thema Rechtsextremismus wird eher am Rande behandelt und als Herr Beckstein, angesprochen auf die offensichtlichen Straftaten und die Untätigkeit der Behörden meint, man hätte wohl eine, Zitat „Unterschiedliche Auffassung der Gesetzeslage“ ist es endgültig an der Zeit fassungslos und mit offenem Mund auf die Leinwand zu starren. Zur Bundespressekonferenz bleibt dem Journalisten, der nur unter Pseudonym und verkleidet auftritt, dann dank seiner Verkleidung endgültig der Zutritt verwehrt. Aber auch Bürgerinitiativen kommen im Film zu Wort welche sich gegen rechte Umtriebe engagieren.

Im Anschluss an den Film stand der Regisseur Peter Ohlendorf den Fragen des Publikums noch Rede und Antwort. Er betonte, dass die im Film gezeigte Musik der Endpunkt einer langen Reise ist, die für viele bei eher harmlosen Bands beginnt welche als „Einstiegsdroge“ dienen. Eine dieser Bands wird übrigens am Samstag den 10. November 2012 in München auftreten. Am gleichen Tag ist auch, wie der Zufall es will, ein Aufmarsch der extrem rechten, antimuslimischen Splitterpartei „Bürgerbewegung pro Deutschland“ angekündigt. (Dazu wird es hier zeitnah nochmals Infos geben). Auch die Schwierigkeiten bei der Finanzierung des Films wie auch das Desinteresse seitens der Medien und einiger Stiftungen wurde nochmals angesprochen. Auch wenn sich bei der Fragerunde wieder einmal das Phänomen zeigte, dass es vielen eben nicht um die Beantwortung von Fragen geht sondern eher darum, ihr Herz auszuschütten, so war dies durchaus interessant und erhellend.

Das Interesse an dem Film war am Samstag schier überwältigend, es mussten sogar Gäste abgewiesen werden. Am Mittwoch den 07. November 2012 wird der Film im Konferenzsaal, Maximilianeum, München gezeigt. Aufgrund des begrenzten Platzangebotes ist eine Voranmeldung erforderlich: barbara.thoerner-hoeck[at]bayernspd-landtag.de. Thomas Kuban hat über seine Recherchen ein Buch geschrieben. Eine Rezension des Buches findet man unter anderem bei blick nach rechts. Weitere Hintergrundinfos über die rechtsextreme Musikszene, über die Musikstile wie auch eine Liste rechtsextremer Musiker gibt es beim Netz gegen Nazis und der Bundeszentrale für politische Bildung. Für ganz starke Mägen gibt es einen Trailer zum Film bei DASDING.de